Aktuell > Stoppt das Töten in der Ukraine > Rede Thomas Carl Schwoerer
Rede von Thomas Carl Schwoerer, Bundessprecher der DFG-VK,bei der Kundgebung in Frankfurt auf dem Goetheplatz 19. November 2022am bundesweiten Aktionstag Stoppt das Töten in der Ukraine! Aufrüstung ist nicht die Lösung!
Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit. Entsprechend hat die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen sofort den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine verurteilt.
Wir halten der wertegeleiteten Politik unserer Außenministerin emotional entgegen: Leben ist mit der wichtigste Wert. Es geht um Abertausende von Toten, die dem weiteren Verlauf dieses Krieges zum Opfer fallen werden. Deshalb muss er aufhören! Wir fordern einen Waffenstillstand, um Leben zu retten, Friedensverhandlungen und diesbezügliche energische Initiativen der deutschen Regierung, natürlich in Absprache mit der Ukraine. Wir wissen uns in diesen Forderungen einig mit 70% unserer Bevölkerung, laut einer Forsa-Umfrage. Es ist gut, dass wir diese Haltung auf die Straße und in die Öffentlichkeit bringen! Wir fordern außerdem den Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine und einen Stopp der Aufrüstung. Lasst uns Frau
Baerbocks Argumentation, Waffenlieferungen würden Leben schützen, als zynisch brandmarken.Wir erleben Durchhalteparolen, die Erich Mühsam fast genauso in seinen Tagebüchern während des Ersten Weltkriegs wiedergegeben hat. Denjenigen, die von einem ukrainischen Siegfrieden faseln, halten wir entgegen: Es wird keine militärische, sondern nur eine politische und diplomatische Lösung dieses Krieges geben. Die angeblichen Belege für militärische Siege der Ukraine sind in Wirklichkeit keine: Ihre Gebietsgewinne im Nordosten kamen aufgrund einer erdrückenden Überlegenheit in der Soldatenzahl zustande, die sich nicht wiederholen wird. Die russische Niederlage vor Kiew am Kriegsanfang lag daran, dass Belarus nicht die versprochene Unterstützung schickte - aus berechtigter Angst vor dem Ungehorsam der eigenen Bürger:innen. Und der russische Rückzug aus Cherson ist ein geographischer Sonderfall: Keine andere besetzte Stadt liegt direkt am Flussufer und wird sich deshalb so einkesseln lassen.
Ermutigend ist, dass unsere bundesweite Aktion im vorvorletzten Spiegel erwähnt wurde. Ermutigend ist auch, dass die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Annette Kurschus, zu Waffenstillstandsgesprächen aufruft.Gegenüber Russland ist beides nötig: das Stopp-Zeichen gegen die russische Gewalt, etwa durch Sanktionen. Und die ausgestreckte Hand mit Angeboten zu Friedensverhandlungen.
Für erfolgreiche politische Lösungen gibt es Präzedenzfälle wie die Beilegung des militärischen Konflikts 1918 zwischen Finnland und Schweden um die Åland-Inseln. Die politische Lösung damals war strikte Demilitarisierung und Neutralität, Schwedisch als Amtssprache und eine eigene Flagge der Inseln.
Wichtig sind nicht-militärische Alternativen wie humanitäre Visa und Asyl für alle Kriegsdienstverweigerer, Militärdienstentzieher und Deserteure aus den beteiligten Ländern, die Rudi Friedrich zu Recht gefordert hat, sowie ziviler Widerstand. Dazu zählt die Plakataktion der Mitarbeiterin des russischen Staatsfernsehens am 14. März. Dazu zählen auch die 235 gewaltfreien Aktionen in der Ukraine zwischen dem 24. Februar und dem 30. Juni. Ukrainer:innen in den besetzten Gebieten haben russische Flaggen abgehängt, Kundgebungen durchgeführt und Verkehrsschilder manipuliert. Lehrer:innen, Schulleiter, Bürgermeister, andere Beamt:innen sowie Mitarbeiter:innen in Fernsehen und Rundfunk haben sich geweigert, mit den Besatzern zusammenzuarbeiten. Medizinisches Personal, Arbeiter und Unternehmer haben Steuerzahlungen oder öffentliche Arbeiten abgelehnt.
Als Sicherheit neu denken versuchen wir außerdem mit Politiker:innen gemeinsam Antworten auf die Frage zu entwickeln, welches aktive Angebot wir China und Russland machen können, um zu einem dauerhaften Ausgleich unserer Interessen zu kommen. Also eine regelbasierte internationale Ordnung mit China und Russland zu entwickeln. Das Völkerrecht muss dabei höher stehen als die Machtinteressen großer Staaten.
Ich komme zum Schluss. Lasst uns auf dieser Aktion aufbauen und Anschluss-Aktionen am 24. Februar durchführen, dem Jahrestag des russischen Angriffskrieges.