Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Landesverband Hessen

Franz Nadler, Connection e.V.

Ukraine-Krieg:
Kriegsdienstverweigerer und Deserteure fordern:
Die Waffen nieder!

Rede bei der Kundgebung Friedlicher Hessentag
in Pfungstadt, Samstag, 10. Juni 2023

 
Hallo, schön, dass ihr alle da seid. Ich meine die, die hier sind, und nicht die die hier Werbung für Krieg machen.

Sie behaupten, wenn wir, also Deutschland, die Europäische Union, die NATO, angegriffen werden, dann werden sie uns verteidigen. Dafür stehen die Soldaten und auch immer mehr Soldatinnen bereit, und das ganze Militärgerät bis hin zu den Atombomben. Auch wenn sie scheinbar freundlich hier rumstehen, stellen sie allein durch ihre Existenz für andere eine Bedrohung und Rechtfertigung ihrer eigenen Rüstung dar. Aber sie bedrohen auch uns, indem das Geld, das in Rüstung fließt, fehlt. Es fehlt für Soziales, für Umweltschutz usw. Im Ernstfall, im Krieg, würde man Tausende, Zehntausende, Hunderttausende in den Tod schicken und alles platt machen – für die Freiheit.

Diese bittere Realität sehen wir gerade in der Ukraine. Während der Westen überall, wo es ihm in den Kram passt, Krieg führt, glaubte man, dass Russland es einfach hinnimmt, wenn EU und NATO sich an der Grenze breit machen, wenn in der Ukraine die russischsprachige Bevölkerung diskriminiert wird.
Trotzdem denke ich, dass es nicht nur ein großer politischer Fehler Russlands war, die Ukraine anzugreifen, sondern ein Verbrechen, wie jeder Krieg.

Jede Seite sieht sich im Recht und ist vom Sieg im Krieg überzeugt. Da die Ukraine in die Freiheit geführt werden soll, ist es logisch, dass man sie, quasi als Verbündete betrachtet und entsprechend munitioniert. Aber wie der Krieg zeigt: 14 Millionen Leute sind bislang geflohen, 3 Millionen davon nach Russland. Es gibt bislang Hundertausende Tote und Verletzte. Und täglich nehmen die Zerstörungen zu, nicht nur in der Ukraine: Es gibt inzwischen auch immer mehr Angriffe auf russisches Territorium. Und Russland bereitet Belarus für den Einmarsch vor, stationiert dort Atombomben. Und die Ukraine stellt immer wieder mal für die von Russland besetzten Atomkraftwerke in Saporishshja den Strom ab. Die Gefahr, dass sich dieser Krieg ausweitet, dass es auch zur Zerstörung der Atomkraftwerke, zum Einsatz von Atombomben kommt, ist offensichtlich.

Deshalb fordern wir einen Waffenstillstand und Verhandlungen, die sowohl die ukrainischen als auch die russischen Interessen berücksichtigen. Leider haben wir aber scheinbar nur kriegsbegeisterte Politiker und Politikerinnen… Niemand rafft sich auf und sagt: Die Waffen nieder. So bleibt für uns die vage Hoffnung, dass China das gelingt. Aber der chinesische Beauftragte blitzte bislang überall ab. Auch Angebote des Papstes werden ausgeschlagen. Selenskyi: „Wir brauchen keine Vermittler.“

Die Leidtragenden sind nicht nur die Bevölkerungen, sondern vor allem diejenigen, die diesen Krieg führen sollen, die Soldaten. Die Freiwilligen, und die Söldner, die aus aller Welt angeworben werden, reichen nicht - sie reichen nie. Deshalb hat man die Grenzen geschlossen und fängt jene ab, die versuchen vor der Rekrutierung zu fliehen. Mit immer drastischeren Methoden wird rekrutiert, auch in den Gefängnissen. Das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung gibt es zwar, kann aber nicht in Anspruch genommen werden. Und Kriegsdienstverweigerer müssen zur Armee oder landen für Jahre in den Gefängnissen.

Aus Russland und der Ukraine sind inzwischen jeweils 150.000 vor der Rekrutierung geflohen, aus Belarus 20.000.

Die Ukrainer haben in der EU ein befristetes Aufenthaltsrecht, und für die Russen sagte Bundeskanzler Olaf Scholz: „Ich bin dafür, diesen Menschen Asyl anzubieten.“ Aber dann haben alle EU-Länder ihre Grenzen zu Russland dicht gemacht. Visa werden nicht ausgestellt, die Rückreise sei nicht gewährleistet und im Asylverfahren sagt man ihnen, dass man erstens nicht zuständig sei, sondern das Ersteinreiseland und dass es nicht sicher sei, ob sie in Russland überhaupt rekrutiert werden würden. So sind nur ganz wenige russische Kriegsdienstverweigerer, Militärdienstentzieher und Deserteure hier angekommen. Ob tatsächlich einer Asyl bekommen hat, wissen wir nicht. Stattdessen gibt es immer mehr Ablehnungen und Ausreiseaufforderungen. Da es keine Direktflüge nach Russland mehr gibt, arbeitet man schon seit einiger Zeit an Umwegsabschiebungen. Und gerade hat man eine Möglichkeit entdeckt und hat auch schon zwei russische „Straftäter“ über Serbien abgeschoben. Die werden dann höchstwahrscheinlich im Krieg eingesetzt.

Nun noch zu uns, zu der Arbeit von Connection e.V. in Offenbach:

Wir haben schon seit vielen Jahren Kontakte in die betreffenden Länder. Kriegsdienstverweigerer trotzen dem Krieg und der Feindschaft – es gibt eine problemlose Zusammenarbeit. Ein paar Stimmen:
Die russische Bewegung für die Kriegsdienstverweigerung: „Wir treten ein für eine Welt, in der die Wehrpflicht nicht die Norm ist, in der Krieg nicht die Lösung für Konflikte ist, und in der das Recht sich für Frieden statt für Gewalt zu entscheiden, respektiert und geschützt wird.“

Da ist die belarussische Organisation Nasch Dom/Unser Haus: „Wir setzen uns ein sehr ehrgeiziges Ziel: Lukaschenko die Armee zu entreißen und die Beteiligung … am Krieg gegen die Ukraine zu verhindern.“
Und schließlich die Ukrainische Pazifistische Bewegung: „Wir brauchen einen Waffenstillstand und Friedensgespräche. … Selenskyj muss diplomatische und gewaltfreie Wege zur Verteidigung der Ukraine in Betracht ziehen, anstatt ein Blutbad anzurichten.“

Wir haben Mitte Mai der EU-Kommission 50.000 Unterschriften übergeben, damit die Grenzen für Kriegsdienstverweigerer geöffnet werden und sie Asyl bekommen. Man hat sie angenommen, aber das war es dann auch.

Darum fordere ich auch hier:

Kriegsdienstverweigerer, Militärdienstentzieher und Deserteure brauchen Asyl.

Öffnet die Grenzen, keine Abschiebungen.

Letztes Update: 12.06.2023, 09:14 Uhr