Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Landesverband Hessen

Rede von Christa Führer-Rößmann, Offenbacher Friedensinitiative

bei der Kundgebung in Frankfurt auf dem Goetheplatz 19. November 2022
am bundesweiten Aktionstag
Stoppt das Töten in der Ukraine! Aufrüstung ist nicht die Lösung!

Es ist die zentrale Frage der Gegenwart, dass das Töten gestoppt werden muss. In der Ukraine und im Rest der Welt, den wir so leicht aus den Augen verlieren. Deshalb beteiligt sich die OFI an der heutigen Aktion.Wir halten die Orientierung auf Aufrüstung hier in Deutschland und anderswo  für desaströs. Die 100 Mrd. werden verpulvert und das Geld wird fehlen für so wichtige Dinge wie wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel. Es fehlt jetzt schon, wie wir aus Scharm El-Scheich hören.

Es ist notwendig, sofort und verstärkt auf Verhandlungen zu setzen. Unter den Politikern gibt es zu wenige, die diese Ansicht teilen. Lediglich Rolf Mützenich (SPD) macht da eine Ausnahme. Dafür wurde er auf eine Terrorliste der Ukraine gesetzt und sieht sich Anfeindungen von Kollegen von den Grünen und der FDP ausgesetzt. Von hier aus möchten wir ihm unsere Solidarität aussprechen.

Ein wesentliches Argument gegen den Vorrang von Verhandlungen ist, dass mit Putin ja nicht zu verhandeln sei. Russland hat den Krieg begonnen. Das ist ein Bruch des Völkerrechts und wird von uns verurteilt. Es gab aber eine Chance den Krieg zu beenden im März. Viele von uns werden sich erinnern, weil wir aufgeatmet haben angesichts von Verhandlungen für einen Waffenstillstand. Warum der nicht zustande kam? Vor kurzem hat sich Michael von der Schulenburg, deutscher Ex-Diplomat, in die Diskussion eingebracht mit der Einschätzung, dass es die USA waren, die die Umsetzung der Vereinbarung verhinderten. Dazu muss man wissen, dass von der Schulenburg von der UN über lange Jahre mit Peacebuilding in verschiedenen Ländern beauftragt war und zwar in hohem Rang. Er gehörte zu der internationalen Kommission, die vom Vatikan schon im Mai beauftragt wurde, einen Plan für den Frieden zu erarbeiten.

Nun kann man den Papst und die ganze Kommission ja für Putin-Freunde halten. Aber ein Mann der Gegenseite, ein patriotischer US-Amerikaner, hat im Stern Nr. 40 vom September dieselbe Einschätzung vorgebracht: es waren die USA, die den Waffenstillstand nicht wollten. Es handelt sich um einen Stanford-Professor, Niall Ferguson. Hinter der Politik der USA stehe, so Ferguson, „das zynische Kalkül, dass man Russland um so stärker ausbluten lassen könne, je länger der Krieg dauert.“ Er nennt das eine „gefährliche Strategie“. Am Ende des Interviews zeigt er sich zuversichtlich: „Der zweite Kalte Krieg läuft bemerkenswert gut, er wird kürzer als der erste. Der Westen wird siegen. Und ihr Deutschen seid auf der Seite der Gewinner.“
Man kann berechtigte Zweifel anmelden, ob Deutschland tatsächlich zu den Gewinnern dieser Auseinandersetzung gehören wird. Die Welt insgesamt kann dabei nur verlieren.

Aber zurück zu unserem Thema: so unterschiedliche Protagonisten wie Ferguson und von der Schulenburg kommen zu derselben Einschätzung, die USA haben das Zustandekommen des Waffenstillstands verhindert. Das widerspricht der hierzulande durchgängigen Sicht: Hier der Westen, die Guten, dort Russland, mit Putin an der Spitze, das absolut Böse in Aktion. Diese Sicht ist nicht realistisch und sie verstellt den Blick auf die wirklich katastrophalen Folgen einer Politik, die der Kriegslogik folgt.

Da die Bekämpfung des absolut Bösen Vorrang hat, gerät z.B. die Bekämpfung des Klimawandels in die zweite Reihe. Um die Klima-Katastrophe aufzuhalten, wird es ein Zusammenwirken aller Länder brauchen. Nicht eine Spaltung.

Die alte Formel, dass wir alle nur so sicher sind, wie sich unser Nachbar fühlt, gilt für die heutige Lage in Europa.

Nach Untersuchungen von IT-Wissenschaftlern ist auch für die Verhinderung eines Atomkriegs aus Versehen von entscheidender Bedeutung, dass ein Klima der Entspannung herrscht und nicht ein Klima des Misstrauens und der Konfrontation.

Unser Ziel muss sein, dass es ein System gemeinsamer Sicherheit gibt. Der erste Schritt wären Waffenstillstandsverhandlungen. Und da sollte sich die Bundesregierung endlich hervortun.

Stoppt das Töten sofort.


Letztes Update: 21.11.2022, 14:47 Uhr