Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Landesverband Hessen

Franz Nadler, Connection e.V.

Gegen den Krieg in der Ukraine

Rede in Frankfurt vor dem russischen Generalkonsulat am Fr., 24.2.23

bei der Frankfurter Demonstration

im Rahmen des bundesweiten Aktionswochenendes
Stoppt das Töten in der Ukraine - für Waffenstillstand und Verhandlungen!


Man hat mir gesagt, dass ich meine Rede hier vor dem russischen Konsulat halten soll. Nun denn: Russland hat vor einem Jahr die Ukraine angegriffen und damit internationales Recht gebrochen. Russland ist verantwortlich dafür, dass inzwischen acht Millionen Menschen fliehen mussten, dass weit über 100.000 gestorben sind und Zehntausende verletzt. Russland hat kein Recht auf ukrainische Gebiete. Und Russland kann den Krieg auch ganz einfach wieder beenden. Schickt die Armee in die Kasernen zurück und lasst die inhaftierten KriegsgegnerInnen frei! Dazu braucht es nicht mal Verhandlungen. Ich bitte das Konsulatspersonal: Teilen Sie das Ihrem Chef mit!

„Jeder Trottel kann einen Krieg anfangen“, sagte mal der Generalsekretär der KPdSU, Chruschtschow. So ist es wohl. Aber wie kann er wieder beendet werden? Meiner Meinung nach ist das Aufgabe der PolitikerInnen. Diese haben sich zur Aufgabe gestellt, für alle akzeptable Lösungen für Probleme zu finden. Es ist ein Totalversagen der Politik, wenn man sich bedingungslos auf eine Seite stellt und Waffen liefert. Die Probleme, die es zwischen der Ukraine und Russland gibt, werden so nicht gelöst, sondern es wird der Konflikt auf dem Rücken der betroffenen Menschen ausgetragen. Auf Deutsch: Man geht über Leichen.

Der Krieg in der Ukraine ist nicht nur ein Verbrechen, er zerstört die Lebensgrundlagen der Menschen, auch hier und überall auf der Welt. Darum ist es richtig, die Forderung nach einem sofortigen Ende auch an die deutschen PolitikerInnen zu richten. In München hat gerade die Sicherheitskonferenz stattgefunden. Und da gab es die Idee, ob nicht China vermitteln könnte. Endlich mal eine gute Idee. Denn China war vor Kriegsbeginn der wichtigste Handelspartner der Ukraine und hat bestimmt auch einen gewissen Einfluss auf Russland. Aber das darf nicht sein, so die deutsche Außenministerin, denn China sei „nicht neutral“. Und die EU-Präsidentin von der Leyen, gleich hinterher: Die Waffen- und Munitionsfabriken sollen jetzt so viel zu produzieren, dass es der Ukraine zumindest bis nächsten Jahr reicht. Da die Ukraine schon lange pleite ist, ist die Frage, wer das alles bezahlt? Man nimmt eine Einbeziehung immer neuer Staaten und eine Eskalation hin zum Atomkrieg bewusst in kauf. Sind die alle verrückt geworden? Vermittlungen, Verhandlungen über ein Ende des Krieges ablehnen und gleichzeitig Waffen liefern ist für mich keine Politik sondern Mittäterschaft.

In Russland und in der Ukraine reden die Herrschenden von nichts anderem als vom „Sieg im Krieg“. Und die Bevölkerung, die Kirchen stimmen zu. Wer sich gegen den Krieg ausspricht, wird drangsaliert. Und überall wird rekrutiert, auch in den Gefängnissen. Keiner soll mehr das Land verlassen. Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ist in der Ukraine ausgesetzt. Und in Russland soll der Zivildienst jetzt in der Armee abgeleistet werden. Eine Möglichkeit, dem zu entkommen, ist die Flucht. 700.000 haben Russland bereits verlassen, die Hälfte dürften sich der drohenden Rekrutierung entzogen haben. Und die Ukraine haben trotz Ausreisesperre bis September 145.000 verlassen und vermutlich ebenso viele sind trotz Aufforderung und Strafandrohung nicht zurückgekehrt.

Deutschland hat beschlossen, dass russischen Deserteuren das Asylverfahren offen steht. Aber dann hat die EU die Grenzen zu Russland geschlossen. Es kann also niemand mehr einreisen. Und so hat bis heute kein einziger russischer Deserteur in Deutschland Asyl erhalten. Die Ablehnungen häufen sich. So in einem Bescheid der Erstaufnahmestelle Gießen. Da hat man entschieden, dass die Teilmobilmachung beendet ist und eine Generalmobilmachung nicht ansteht. Also kein Asyl, auch keine Duldung, sondern Ausreiseaufforderung. Das ist nicht der versprochene Schutz, sondern eine glatte Unterstützung des russischen Angriffskrieges.
Wir haben nach wie vor Beziehungen zur russischen Kriegsdienstverweigerungsbewegung und zur Ukrainischen Pazifistischen Bewegung. Zur Beratung und Hilfe für die Geflohenen konnten wie zusammen mit anderen Organisationen in verschiedenen Ländern Büros einrichten. In Finnland, wohin etwa 60.000 Russen vor der Schließung der Grenzen geflohen sind, hat man jetzt alle Asylverfahren ausgesetzt. In Litauen, wohin sich Tausende Belarussen flüchteten, befürchten sie, dass nun auch ihr Land am Krieg teilnimmt. Und in Georgien sind eine halbe Million aus Russland und der Ukraine eingetroffen. Das führt in dem armen Land mit 3 Millionen Einwohnern zu Konflikten. Sie wollen gerne weiterreisen, aber das geht nicht. Die deutsche Botschaft sagt, sie stelle keine Einreisevisa aus, da nicht davon auszugehen ist, dass sie wieder zurückkehren.

Kriegsdienstverweigerer, Militärdienstentzieher und Deserteure brauchen Asyl! Bitte unterschreibt unsere europaweite Unterschriftensammlung, damit die Grenzen für sie geöffnet werden!

So weit ein kurzer Überblick über unsere Arbeit. Zum Schluss noch ein Anliegen: Schon seit längerem hat der Bundespräsident Steinmeier ein Herzensanliegen: Eine Dienstpflicht für Jugendliche, für Männer und Frauen. Und nun spricht auch der neue Verteidigungsminister Pistorius davon, dass die Aussetzung der Wehrpflicht ein Fehler war. Sie wollen, so sagen sie, nur eine Debatte darüber. Eine Debatte darüber, wie sie am besten einen militärischen Zwangsarbeitsdienst schmackhaft machen können. Wer gegen Krieg ist, wer keine Lust auf entrechtete Arbeit hat, der muss sofort den Kriegsdienst verweigern. Männer wie Frauen. Beratung gibt es bei der DFG-VK hier in Frankfurt.

Rede als pdf

Die Rede im Video:
Demonstration mit Kundgebungen: Stoppt das Töten in der Ukraine – für Waffenstillstand und Verhandlungen!
 
1:50:09 h

Letztes Update: 01.03.2023, 17:15 Uhr