Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Landesverband Hessen

Rede von

Daniel Untch, Zentrum Oekumene der EKHN und der EKKW

in Frankfurt vor dem ukrainischen Generalkonsulat am 24.2.23  

bei der Demonstration

Stoppt das Töten in der Ukraine – für Waffenstillstand und Verhandlungen!

im Rahmen des bundesweiten dezentralen Aktionswochenendes anlässlich des Jahrestags des russischen Angriffskrieges

 

Seit einem Jahr herrscht Krieg in der Ukraine und seit einem Jahr verursacht dieser Krieg genau das, was alle anderen Kriege auch verursachen: Opfer. Viele Opfer aus unterschiedlichen Perspektiven und in unterschiedlichen Formen. Sie möchte ich in das Zentrum meines Redebeitrags stellen.

Denn wie Volker Jung, Kirchenpräsident der EKHN anlässlich dieses traurigen Tages sagte: „Gemeinsam der Opfer gedenken, die Schrecken des Krieges vor Gott beklagen, weiter für den Frieden beten und Menschen in ihrer Not beistehen und helfen, ist etwas, was Christinnen und Christen jetzt tun können.“ Und das können wir natürlich alle tun und das finde ich auch angesichts dieses Ortes, an dem wir hier stehen, dem ukrainischen Konsulat essentiell. Denn die Ukraine ist es, die in diesem Krieg überfallen und zerbombt wird. Die Ukrainerinnen und Ukrainer sind es, in deren Heimat gerade gekämpft wird.

Deswegen sind selbstverständlich sie es, an die ich als erstes denken und gedenken möchte.
Die Zivilbevölkerung, die in der Ukraine ausharrt und hofft, eines Tages wieder ein normales Leben führen zu können.
Die geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer, die Zuflucht gefunden haben. Sie sind in Sicherheit, mehr aber auch nicht. Denn mit jedem Tag wird ihre Heimat weiter zerstört, sterben mehr Menschen und die Hoffnung auf Ende dieses Kriegs ist lediglich vage.
Das sind die ukrainischen Soldatinnen und Soldaten. Diejenigen, die getötet wurden, oder werden. Aber auch diejenigen, die traumatisiert sind, und die ihre Erlebnisse aus diesem Krieg noch lange belasten werden.
Und diejenigen Soldaten, die zum Kämpfen gezwungen werden, denen kein Recht auf Kriegsdienstverweigerung zugestanden wird. Ihnen sollte in der Europäischen Union problemlos und umstandslos Schutz gewährt werden.

Selbstverständlich gibt es auch Opfer in Russland.
Auch hier sind die Soldaten zu nennen, die – wie man hört – oftmals schlecht ausgerüstet in den Krieg geschickt werden. Die zudem oftmals Mitglieder ethnischer Minderheiten sind, denen die russische Regierung einen geringen Wert beimisst. Und natürlich müssen wir auch russischen Deserteuren Schutz gewähren.
Stellen Sie sich vor, es ist Krieg und keiner geht hin – jeder Soldat, der verweigert, bringt uns dieser etwas naiv klingenden Vorstellung einen Schritt näher.
Und auch die russische Zivilbevölkerung zählt zu den Opfern dieses Kriegs. Die Zivilgesellschaft wird unterdrückt und die Bevölkerung erfährt durch Propaganda eine ganz eigene Wahrheit über diesen Krieg. Die Menschen in Russland sind zunehmend isoliert – Kontakt nach Russland ist nur schwer herzustellen.

Unter diesem Krieg leiden auch Menschen über die Ukraine und Russland hinaus. Viele Menschen in unterschiedlichen Ländern sind auf Weizenexporte aus der Ukraine angewiesen. Diese kommen nun nur stark reduziert oder gar nicht. Dieser Krieg verursacht eine Ernährungskrise und bringt Leid über die Ärmsten der Armen.

Neben diesen menschlichen Opfern verursacht der Krieg auch immense Umwelt- und Klimaschäden. Brennende Wälder, verseuchte Böden und massive Emissionen des Kriegsgeräts belasten das Klima zusätzlich. Der Wiederaufbau der Ukraine – der natürlich erfolgen MUSS – bedeutet einen enormen Ressourcenverbrauch.
Gleichzeitig wird der Klimawandel in der politischen Agenda weit nach hinten gerückt.
All das sind Entwicklungen, die wir uns angesichts der sich zuspitzenden Klimakrise – die eigentlich die drängendste Herausforderung unserer Zeit sein sollte – nicht leisten können!

Ein weiteres Opfer jedes Kriegs ist die Wahrheit. Krieg führt zu einer Polarisierung des Diskurses und zu Vereinfachungen: Bist du für oder gegen Waffenlieferung? Militärischer Sieg oder sofortige Verhandlungen?

Wir müssen raus aus diesem Schwarz-Weiß-Denken. Machen wir uns gemeinsam auf die Suche:
Wo gibt es Ansätze aus der militärischen Logik auszubrechen – und wo sehen wir diese vielleicht auch gerade nicht? Finden wir Ansätze zu Verhandlungen? Vielleicht die vorhin angesprochenen Getreideexporte? Denn auch wenn der Weg zum Ende dieses Kriegs noch unklar ist, so ist eins für mich dennoch eindeutig: Waffen allein werden keinen Frieden bringen, schon gar keinen gerechten Frieden.

Und auch deshalb lautet mein Appell: Verweigern wir uns der Sprache des Kriegs. Benennen wir Dinge wie sie sind, streiten wir engagiert und durchaus auch emotional. Aber hören wir auf, Andere in eine Ecke stellen zu wollen. Unterlassen wir die Jubelschreie, mit denen einige die Entscheidungen für Waffenlieferungen untermalen. Behalten wir immer im Bewusstsein: Hier geht es nicht um ein Spiel. Es ist ein Krieg, der viele unterschiedliche Opfer verursacht, in dem Menschen sterben und geliebte Menschen verlieren.
All diesen Opfern möchte ich gedenken. Und um ihretwillen sehnen wir alle ein Ende herbei, nicht nur des Ukraine-Kriegs, sondern aller Kriege.

 

Die Rede im Video:
Demonstration mit Kundgebungen: Stoppt das Töten in der Ukraine – für Waffenstillstand und Verhandlungen!
 
1:50:09 h

 

 

Letztes Update: 01.03.2023, 23:20 Uhr