Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Landesverband Hessen

TÜRKEI: Ali Fikri Işık ist kein Deserteur, sondern ein Kriegsdienstverweigerer

Der Verein für Kriegsdienstverweigerung in Istanbul, Vicdani Ret Derneği, bittet um Unterstützungsschreiben für Ali Fikri Işık anlässlich der Militärgerichtsverhandlung gegen ihn



Vicdani Ret Derneği (Verein für Kriegsdienstverweigerung):
Aufruf zu Unterstützungsschreiben (20.10.2014. )

Ali Fikri Işık wurde nach dem Militärputsch 1980 inhaftiert. Nach seiner Haft verweigerte er die Ableistung des Militärdienstes und kam der Einberufung nicht nach.

Am 8. Juni 2012 wurde er schließlich in Diyarbakır verhaftet und aufgrund eines Haftbefehls nach Edirne überstellt. Vor dem Militärgericht in Edirne erklärte Ali Fikri Işık am 14. August 2012 seine Kriegsdienstverweigerung in kurdischer Sprache und erklärte, dass er „ein Gericht nicht anerkennen“ könne, „dass meine Sprache nicht anerkennt“. Nach der dritten Gerichtsverhandlung am 17. Oktober 2012 wurde er freigelassen, aber zugleich aufgefordert, einem Einberufungsbefehl zu „seiner“ Militäreinheit nach Kırkaleri zu folgen. Selbstverständlich entschied er sich stattdessen, nach Hause zurückzukehren und nach Istanbul zu fahren.

Obwohl Ali Fikri Işık dem Militärdienst fernblieb, verfolgte er weiter seine Gerichtsverhandlung mit der Auffassung, dass die militaristische Mentalität vor Gericht gehöre. Beim Verhandlungstermin am 27. Februar 2013 wurde er wegen Desertion zu einem Jahr und fünfzehn Monaten Haft verurteilt. Er wurde erneut inhaftiert und noch am selben Tag wurde ein neues Verfahren wegen Desertion gegen ihn eröffnet. Ali Fikri Işık verweigerte das gesamte Verfahren und trat in Hungerstreik. Am 13. März 2013 wurde er auf einer Verhandlung zu seinem zweiten Verfahren erneut freigelassen.

Ali Fikri Işık wurde nach seinem ersten Verfahren drei Mal festgenommen, was drei weitere Verfahren zur Folge hatte. Während die Verfahren anhängig waren, wurde er dem Militärkrankenhaus GATA überstellt und am 21. Februar 2014 für untauglich erklärt.

In der Zwischenzeit wurde das Urteil des ersten Verfahrens über ein Jahr und fünfzehn Tage Haft vom Obersten Gericht bestätigt. Die drei nachfolgenden Anklagen wegen Desertion wurden in zwei Verfahren zusammengefasst, die noch andauern. Am letzten Verhandlungstag hatte der Militärstaatsanwalt eine Gefängnisstrafe von zweieinhalb Jahren gefordert, also 30 Monate. Das Urteil wird auf der nächsten Sitzung des Gerichts am 22. Oktober 2014 verkündet werden. Sehr wahrscheinlich wird der Kriegsdienstverweigerer Ali Fikri Işık dort zu einer Haftstrafe von 30 Monaten verurteilt werden, wenn das Gericht nicht seine Kriegsdienstverweigerung akzeptiert.

Der Verein für Kriegsdienstverweigerung ruft alle dazu auf, Solidarität mit dem Kriegsdienstverweigerer Ali Fikri Işık zu zeigen. Bitte unterzeichnet den beiliegenden Text und schickt ihn bis zum 22. Oktober, 14.30 Uhr, an das zuständige Militärgericht.

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Deutsche Übersetzung des Vorschlags für das Protestschreiben


An die Richterschaft des Militärgerichts des 5. Armeekorps
Çorlu – Tekirdağ
per Fax 00-90-282-654 40 95

Betr.: Kriegsdienstverweigerer Ali Fikri Işık vor Gericht

Sehr geehrte Richter,
Ali Fikri Işık, gegen den von ihrem Gericht in zwei Verfahren wegen drei Anklagen verhandelt und der vermutlich am 22. Oktober verurteilt wird, ist ein Kriegsdienstverweigerer. Seit seiner allerersten Verhandlung hat er wiederholt erklärt, dass er ein Kriegsdienstverweigerer ist. Desweiteren ist er Gründungsmitglied des Vereins für Kriegsdienstverweigerung und dort derzeit Vorstandsmitglied.
Ali Fikri Işık weigerte sich aufgrund seiner Gewissensentscheidung, dem Einberufungsbefehl zur Einheit zu folgen und sich der Grundausbildung zu unterwerfen. Damit übte er seine Gewissensfreiheit aus. Es ist ein offensichtliches Prinzip der Strafgesetze: Niemand darf für die Ausübung der ihm zustehenden Rechte verurteilt werden.
Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ist Teil des Rechts auf „Gedanken- und Religionsfreiheit“, wie es in internationalen Konventionen dargelegt ist, die auch die Türkei unterzeichnet hat. In diesem Zusammenhang gibt es keinen Zweifel daran, dass Ali Fikri Işık von einem Recht Gebrauch machte, das von allgemeinen Menschenrechten anerkannt wird, sich nämlich aufgrund seiner Gewissensüberzeugung dem Dienst im Militär zu verweigern.
Auch wenn das türkische Parlament das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ignoriert und bislang keine gesetzliche Regelung zur Anerkennung des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung umsetzte, ist Ihr Gericht dennoch verpflichtet, den verfassungsmäßigen Erfordernissen in Übereinstimmung mit der Europäischen Menschenrechtskonvention, also den grundlegenden Menschenrechten, nachzukommen.

Sehr geehrte Richter,
ich bitte Sie hiermit aus den obengenannten Gründen, im Auftrag des öffentlichen Gewissens, sich für die Rechte und Freiheiten einzusetzen, Recht zu sprechen und ungesetzliche Gesetze zu ersetzen und somit zu entscheiden, die Existenz und Relevanz der Kriegsdienstverweigerung anzuerkennen und Ali Fikri Işık freizusprechen.
Name und Vorname, Unterschrift


Mehr Information auf Türkisch: http://vicdaniret.org/

Informationen von WRI und Connection.
Übersetzung ins Deutsche: Connection e.V.

Letztes Update: 22.10.2014, 13:17 Uhr