Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Landesverband Hessen

Connection e.V. und DFG-VK Hessen

Pressemitteilung 21.10.2011

Inhaftierter ägyptischer Militärkritiker soll in psychiatrische Klinik eingeliefert werden

Militärstrafverfahren gegen Maikel Nabil Sanad auf den 1. November vertagt

Weitere Infos unter www.Connection-eV.de/z.php?ID=1483

In dem bereits vergangenen Dienstag vom Militärgericht in Kairo durchgeführten Verfahren wurde entschieden, den Kriegsdienstverweigerer und Militärkritiker Maikel Nabil Sanad zur Untersuchung in eine psychiatrische Klinik zu überweisen. Das Verfahren soll am 1. November fortgesetzt werden. „Sie bringen ihn in ein Krankenhaus und werden ihn sehr wahrscheinlich einfach für verrückt erklären“, sagte Maged Hanna, eine der RechtsanwältInnen von Maikel Nabil Sanad.

Das Kriegsdienstverweigerungsnetzwerk Connection e.V. und die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Hessen verurteilen die Entscheidung des Gerichts. Rudi Friedrich von Connection e.V. erklärte heute: „Wer das Militär kritisiert, ist nicht verrückt, sondern setzt sich ganz praktisch für Demokratie und Menschenrechte ein.“ Die Organisationen fordern weiter die sofortige Freilassung von Maikel Nabil Sanad sowie die Einstellung aller Verfahren gegen ihn.

Bei der letzten Verhandlung waren weder die Rechtsanwälte von Maikel Nabil Sanad, noch seine Familie anwesend. Er hatte sie aufgefordert, jegliche Zusammenarbeit mit dem Militärgericht zu boykottieren, da dies Verfahren einer „Seifenoper“ gleich käme. Daraufhin ordnete ihm das Gericht einen Rechtsanwalt zu, der aber offensichtlich völlig unerfahren war.

War Resisters‘ International sieht mit dem Schritt, Kritik am Militär und dem Obersten Militärrat in Ägypten zu pathologisieren eine „beunruhigende Entwicklung in der Repression gingen abweichende Positionen nach dem Fall von Mubarak.“ Die Organisation befürchtet zudem, dass Maikel Nabil Sanad dort nicht nur untersucht, sondern auch mit Psychopharmaka oder sogar mit Elektroschocks behandelt wird, um seinen Willen zu brechen.

Zum Hintergrund

Ein Militärgericht hatte Maikel Nabil Sanad am 10. April 2011 wegen Beleidigung des Militärs, Verbreitung falscher Informationen und Störung der öffentlichen Ordnung zu drei Jahren Haft verurteilt, weil er in einem Beitrag auf seinem Blog http://www.maikelnabil.com über die Rolle des Militärs während und nach der Revolution berichtet hatte. Er hatte darin ausführlich die fortwährenden Menschenrechtsverletzungen und politischen Einflussnahmen des ägyptischen Militärs in dieser Zeit thematisiert. (...mehr)

Seine Verurteilung verletzt das Menschenrecht auf Meinungsfreiheit. Am 21. Juli 2011 hatte der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen in der Allgemeinen Erklärung 34 zum Menschenrecht auf Rede- und Meinungsfreiheit Stellung bezogen: „Staatliche Behörden dürfen Kritik an Institutionen wie dem Militär oder Verwaltung nicht untersagen.“ Damit stellt die Verurteilung und Inhaftierung von Maikel Nabil Sanad eine klare Verletzung des Artikels 19 des Internationalen Paktes für bürgerliche und politische Rechte dar. Auch die im Juni 2011 in Kraft getretene Übergangsverfassung Ägyptens garantiert das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit.

Das Urteil wurde zudem von einem Militärgericht gegenüber einer Zivilperson ausgesprochen und erging in Abwesenheit der Familie, Freunde und des Anwalts von Maikel Nabil Sanad. Damit verletzt das Verfahren gegen Maikel Nabil Sanad auch das Recht auf ein gerechtes Verfahren nach Artikel 14 des Internationalen Paktes für bürgerliche und politische Rechte.

Ein von Maikel Nabil Sanad angestrengtes Berufungsverfahren begann am 4. Oktober 2011. In der ersten Sitzung entschied das Gericht, das Verfahren um eine Woche zu vertagen, weil die Akten nicht vollständig vorlägen. Am 11. Oktober hob das Berufungsgericht das Urteil als „null und nichtig“ auf, ließ Maikel Nabil Sanad aber nicht frei, sondern verwies das Verfahren zur erneuten Urteilsfindung zurück.

Maikel Nabil Sanad hatte am 23. August 2011 einen Hungerstreik begonnen. Mehrmals hatte er seine Forderung auf sofortige Freilassung mit einem Durststreik bekräftigt. Durch den Durststreik versagten seine Nieren und er fiel wiederholt ins Koma.

Unterstützungsmöglichkeiten für Maikel Nabil Sanad gibt es weiter unter

http://www.Connection-eV.de/aktion-egypt.php

http://www.frieden-mitmachen.de

http://wri-irg.org/node/13819

gez.

Rudi Friedrich, Connection e.V. (069-82375534)
Gernot Lennert, DFG-VK Hessen (069-431440)

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Letztes Update: 21.10.2011, 15:02 Uhr